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liebe auf den ersten chat cover

Erschienen: 13. Januar 2016

Seiten: 244

Verlag: Erstveröffentlichung feelings / Droemer-Knaur-Verlagsgruppe
Neuveröffentlichung
FeuerWerke-Verlag

ISBN Taschenbuch:  978-3-426-21540-1
ISBN ebook: 978-3-426-43823-7

 

Erschienen: 13. Januar 2016

Seiten: 244

Verlag: Erstveröffentlichung feelings / Droemer-Knaur-Verlagsgruppe
Neuveröffentlichung FeuerWerke-Verlag

ISBN Taschenbuch:  978-3-426-21540-1
ISBN ebook: 978-3-426-43823-7

 

liebe chat anfang bild

Inhalt

Ein spritziger und wunderschöner Liebesroman, der an einem Ort spielt, der nicht moderner sein könnte: dem Internet!
Wenn LadyChatterley und MrNiceGuy sich in den Chatroom einloggen, wahren beide ihre Anonymität. Online können sie der Realität entfliehen und sie selbst sein. Eine tiefe Freundschaft entsteht zwischen den beiden, obwohl sie sich in der Realität nicht kennen.
Im realen Leben ist LadyChatterley Charlotte, eine unscheinbare Leseratte, die in einer Buchhandlung in München arbeitet und für ihr großes Idol, den Schauspieler Jonas schwärmt. Durch einen Zufall kommt sie zu der Ehre, ihren Schwarm persönlich kennenlernen zu dürfen und stellt fest, dass er bodenständig und wirklich der Mann ihrer Träume ist. Kann die Liebe zwischen der unscheinbaren Leseratte und dem begehrten Schauspielstar wirklich entflammen? Doch wer ist eigentlich MrNiceGuy und welche Rolle spielt er im Film ihres Lebens?

Was ich noch dazu sagen möchte

Liebe auf den ersten Chat ist zur Abwechslung mal ein genrereiner Liebesroman. Das ist bei mir ja nicht immer so ganz eindeutig. 

Der Roman spielt sozusagen auf zwei Ebenen oder vielmehr in zwei Welten: der virtuellen Welt und dem „richtigen Leben“.

Da ist zunächst einmal die virtuelle Welt mit LadyChatterley und MrNiceGuy. Zwei Menschen, die sich im Internet kennenlernen und sich von Anfang an gut verstehen – mehr als das.

Eigentlich wären sie das ideale Paar, allerdings schätzen beide die Anonymität des Internets; persönliche Informationen, wie Name, Alter, Beruf oder Wohnort, sind tabu. Auf dieser Basis entsteht ein ganz besonderes Verhältnis. Die Distanz ermöglicht Nähe, die Anonymität Offenheit. Beide können ganz sie selbst sein, ohne eine Rolle erfüllen zu müssen oder in eine Schublade gesteckt zu werden, und sie werden einander dabei vertrauter als den meisten Menschen in ihrem engsten Umfeld. Selbstverständlich kommt eine persönliche Begegnung niemals infrage, denn das wäre das Ende dieser besonderen Beziehung. Sie scherzen lediglich darüber und sind sich einig, falls sie sich treffen würden, dann „in Paris bei Nacht und im Regen“.

Und dann gibt es da noch das „richtige Leben“ mit Charlotte und Jonas.

Er, der Schauspieler, ein umschwärmter Star ohne Privatleben, eingezwängt in das enge Korsett, das er seinem Ruhm verdankt. Sie, der Fan, eine Buchhändlerin ohne Privatleben, eingezwängt in das enge Korsett, das sie ihrer Schüchternheit verdankt.

Sie begegnen sich an roten Teppichen, er geht darüber, sie steht mit den anderen Frauen aus seinem Fanklub daneben.

Er steht im Rampenlicht, wird angehimmelt, muss lächelnd Autogramme geben und Selfies machen. Sie verschwindet gerne in der Menge, duckt sich eher, weil sie sich für zu groß hält und nicht auffallen will.

Gegensätzlicher könnten zwei Lebenswelten nicht sein. Und doch will es das Schicksal, dass sie aufeinander treffen.

Und dann?

Verschiedene Welten und die Unmöglichkeiten oder Möglichkeiten der Liebe, darum geht es.

Und noch eine ganz persönliche Bemerkung: Der Roman ist zum ersten Mal erschienen bei dem Droemer-Knaur-Imprint feelings. Mein Wunschtitel (In Paris, bei Nacht und im Regen) wurde ausgetauscht gegen Liebe auf den ersten Chat, was ich persönlich nicht besonders geglückt fand, aber das ist Ansichtssache. Noch weniger geglückt (und das ist keine Ansichtssache) fand ich das Cover damals. Aber mach mal was dran. Ich kann nicht sagen, ob daran lag, aber dieser Roman, den ich persönlich sehr liebe, ist immer ein bisschen untergegangen.

Jetzt nach fast fünf Jahren darf er noch einmal von vorn anfangen und wird neu veröffentlich beim FeuerWerke-Verlag. Er behält den Titel, damit es kein Durcheinander gibt, aber er erhält ein neues Cover, und er wurde noch einmal gründlich überarbeitet. Nach fünf Jahren ist man als Autorin eben auch fünf Jahre weiter, und wenn man die Möglichkeit hat, ein paar Stellschrauben zu ziehen, dann sollte man das auch tun.

Mit anderen Worten: der Roman ist besser denn je, und hat schließlich doch noch an den Ort gefunden, an dem er schon immer hätte sein sollen. Auch so kann ein Happy End aussehen.

1. Roter Teppich

Charlotte war gar nicht so übel, wie sie selbst dachte. Ein bisschen farblos zwar, was an ihrem mausbraunen Haar und ihrer blassen Haut lag, aber eigentlich ganz hübsch. Sie schminkte und kleidete sich dezent, wenig Kajal, gedeckte Farben. »Beige steht dir gut«, hatte ihre Großmutter immer gesagt. Das fand Charlotte zwar nicht, wegen ihrer blassen Haut, aber dennoch bevorzugte sie Farben, die nicht weiter auffielen: Dunkelblau, mattes Grün, Braun, Schwarz zu festlichen Anlässen. Ihre wilden Naturlocken bändigte sie ohne großen Aufwand mit simplen Haargummis und sie ging immer ein klein wenig geduckt, weil sie sich mit 1,80 m zu groß fühlte.
»Models sind alle so groß.« Damit hatte ihre Mutter sie früher ermuntern wollen, die Schultern zurückzunehmen und den Rücken durchzustrecken.
»Ja, Mama, Models! Models und Basketballspieler und Trolle.«
Charlotte fand, sie war von einem Model ungefähr so weit entfernt wie von einem Troll und fuhr vorsichtshalber lieber fort, sich zu ducken. Groß sein war ihr unangenehm. Es war ihr lieb, wenn sie in einer Menge verschwand, das war ganz in Ordnung für sie. Sie wollte nicht herausragen, in keiner Weise.
Jetzt verschwand sie wieder in der Menge. In dem Pulk von Menschen, die vor dem Bayrischen Hof darauf warteten, einem ihrer Stars zu begegnen und ein Autogramm oder besser noch ein Selfie mit dem erwählten Liebling zu ergattern. Die Aussicht darauf war gering, denn vorn tummelten sich die Fotografen und verhinderten, dass man nahe genug herankam, und außerdem fand der Deutsche Filmball mitten im Winter statt. Es war zu erwarten, dass die Stars in ihren schicken Outfits den Gang über den roten Teppich so schnell wie möglich hinter sich bringen wollten. Zeit für ein Pressefoto? Ja, gern. Zeit für ein Selfie mit Fans? Ein andermal vielleicht.
»Habt ihr ihn schon entdeckt?«, fragte Juliane, eine der Frauen, mit denen Charlotte hier war. Juliane war klein und korpulent und konnte nicht sehen, was da vorne los war, selbst wenn sie sich, von einem auf den anderen Fuß wippend, auf die Zehenspitzen stellte und ihren gedrungenen Körper dabei so weit streckte, wie es ihre Gelenke gerade noch zuließen, ohne zu zerreißen.
»Charlotte, kannst du was sehen?«, quengelte sie frustriert und zog sie am Ärmel.
»Wenig«, sagte Charlotte. »Ich glaube, da ist gerade Uschi Glas angekommen.«
»Uschi Glas interessiert mich nicht«, motzte Juliane. Sie machte Anstalten, sich weiter nach vorne zu drängen, aber das wäre selbst für eine wesentlich dünnere Person schwierig geworden. Für eine Frau mit Julianes Verdrängung war es unmöglich.
»Der ist bestimmt schon drin«, vermutete Iris, die sich fröstelnd bei ihrer Zwillingsschwester Jutta untergehakt hatte. »Ich glaube auch«, meinte diese. »Wir sollten irgendwo in ein Café gehen. Ich brauch was Warmes zu trinken.«
»Wir warten noch eine viertel Stunde, dann gehen wir«, entschied Brigitte und sah auf die Uhr. Sie war die Gründerin des Fanklubs, hatte die Webseite gestaltet, betreute die Facebook-Seite, und weil sie die Hauptorganisatorin war, war sie damit auch so etwas wie die Chefin.
Der Fanklub! Charlotte war da reingerutscht, ohne es wirklich zu merken oder zu wollen. Sie war eine begeisterte Cineastin und hatte schon immer ihre Zeit lieber bei einem guten Film oder einer guten Sendung vor dem Fernseher verbracht als in einer Diskothek oder bei ähnlichen Vergnügungen.
So hatte sie damals auch die Serie mit dem sinnigen Titel Feierabend entdeckt, in deren Zentrum ein Beerdigungsunternehmen und seine drei Betreiber standen. Vom Zuschauer wurde dabei eine gute Portion skurrilen Humors verlangt, doch dafür wurde er mit tief berührenden Momenten, ergreifenden Geschichten und höchster Schauspielkunst belohnt. Alles in allem eine Sternstunde deutscher Fernsehunterhaltung, und Charlotte waren ihre Feierabend-Abende heilig. Es war ihre unangefochtene Lieblingsserie.
Der jüngste der drei Hauptdarsteller und der heimliche Star der Serie war Jonas Förster gewesen. Er spielte Ferdinand, einen jungen, gut aussehenden Mann mit schulterlangen blonden Haaren, dunkelgrau-blauen Augen, die immer ein wenig verträumt aussahen, und genau dem sympathisch-frechen Charme, dem neunzig Prozent aller Frauen unweigerlich verfielen.
Charlotte zählte sich zwar zu den restlichen zehn Prozent, aber dennoch war Ferdinand auch ihr erklärter Favorit gewesen.
Nach vier erfolgreichen Staffeln wurde die Serie zum Bedauern einer riesigen Fangemeinde schließlich abgesetzt.
...


Und dann entdeckte Charlotte auf ihrer verzweifelten Suche nach Zerstreuung das Internet und all seine Möglichkeiten. Als sie die Suchbegriffe ›Jonas Förster‹ und ›Feierabend‹ eingab, erhielt sie tausende von Ergebnissen. Und ganz oben befand sich ein Link zu einer Webseite: Dem Jonas-Förster-Fanklub. In dem angegliederten Forum dort tummelten sich unzählige Frauen aller Altersklassen, die hemmungslos darüber jammerten, dass sie ihren angehimmelten Star nun erst einmal nicht mehr regelmäßig zu sehen bekämen und wie schrecklich dieses Schicksal sei. Aber nicht nur das. Es wimmelte nur so von Insider-Informationen über Jonas Försters neue Projekte. Alles, was man jemals wissen wollte, bis auf die allerprivatesten Dinge, war auf der Webseite und im Forum nachzulesen.
Natürlich gab es auch Hunderte von Fotos sowie ausführliche Diskussionen und Gerüchte, warum die Serie beendet worden war. Es hieß, dass es hauptsächlich dem riesigen Karrieresprung des Schauspielers zum gefragten Filmstar zu verdanken war, wodurch er immer weniger Zeit hatte. Man fand, dass dies zwar sehr schade sei, aber natürlich gönnte man ihm den Erfolg von Herzen, und immerhin würde man ihn dann in umso mehr Filmen bewundern können.
Einen ganzen Tag lang arbeitete sich Charlotte durch Interviews und Videoclips und las alles nach, was es an Wissenswertem über den Schauspieler und seine Arbeit zu erfahren gab. Zuletzt fasste sie sich ein Herz und meldete sich im Forum an. Schüchtern stellte sie sich vor und outete sich als Trauernde, unter Gleichgesinnten durfte man das. Sie wurde herzlich begrüßt, und als man erfuhr, dass sie in München lebte, lud man sie sofort zu den wöchentlichen Klubtreffen ein, da einige Mitglieder, sowie die Gründerin des Klubs und Inhaberin der Webseite, ebenfalls aus München stammten. »Und Jonas Förster ja schließlich auch«, freute man sich gemeinsam. Allein diese Tatsache verlieh den Münchner Mitgliedern einen besonderen Status. In der gleichen Stadt zu leben wie der Star, die gleiche Luft zu atmen, den gleichen Boden zu betreten und vor allem die Möglichkeit, ihm zufällig mal auf der Straße zu begegnen, das war einfach überirdisch.
Charlotte kam die Schwärmerei der anderen zwar reichlich pubertär vor, doch sie freute sich trotzdem darüber, in ihren Kreis aufgenommen worden zu sein. Sie traf sich beinah jede Woche mit ihnen, postete im Forum, ging zu Jonas-Förster-Filmpremieren und stand zusammen mit den anderen an roten Teppichen, bei denen annähernd sicher war, dass Jonas Förster sie überqueren würde. Es wurde zu einem Teil ihres Lebens.
»Die Viertelstunde ist um«, verkündete Jutta fröstelnd. Brigitte prüfte ihre Uhr, verrenkte sich zur Sicherheit noch einmal den Hals und sagte: »Okay, lasst uns gehen!«
Sich den Weg nach hinten zu bahnen, war wesentlich leichter als nach vorne. Man ließ sie gerne durch und rückte zu den frei werdenden Plätzen auf.
Charlotte drehte sich ein letztes Mal um, sah über die Köpfe hinweg, erwischte eine Lücke in der Menge und schnappte nach Luft. Da war er. Die langen Haare zu einem Pferdeschwanz nach hinten gebunden, aus dem eine widerwillige Strähne heraushing, am Arm ein junges Mädchen mit langen, braunen Haaren, seine kleine Schwester, wie Charlotte wusste.
Jonas Förster betrat den roten Teppich.

© 2014 *Barbara Leciejewski*

LESEPROBE

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